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Was ist Ju jutsu?

Die Wurzeln, historisches Jiu Jitsu



Definition Jiu Jitsu:

(nach DJJV)

"Jiu-Jitsu ist ein japanisches Selbstverteidigungssystem, welches von den Samurai entwickelt wurde. Diese Systeme (ryû) ermöglichten den Samurais, beim Verlust ihrer Waffen weiter kämpfen zu können. Die Abwehrtechniken sollten dem vermeintlich Schwächeren helfen, über den vermeintlich Stärkeren zu siegen (Siegen durch Nachgeben)."

Ziele des Jiu Jitsu sind es, potenzielle bewaffnete oder unbewaffnete Angreifer schnell und effizient unschädlich zu machen. Dies ist auf unterschiedlichster Art und Weise möglich; wie z.B. durch Schlag-, Tritt- und Wurftechniken oder auch entsprechende Kontrolltechniken (Hebel und Würgen). Dabei soll beim Jiu Jitsu nicht Kraft gegen Kraft aufgewendet werden, sondern, nach dem Prinzip „Siegen durch Nachgeben“, so viel wie möglich der Kraft des Aggressors gegen ihn selbst verwendet werden. Jiu Jitsu ist wesentlich mehr mit der japanischen Tradition behaftet als im Gegensatz hierzu, Ju Jutsu. Es werden neben den Selbstverteidigungstechniken auch traditionelle Bewegungsformen wie Kata und Etikette besonders gepflegt. Die geistig-philosophische Seite, wie z.B. der Verhaltenskodex Bushido, ist genau so Teil des Jiu Jitsu, wie die verschiedenen Kampftechniken.

Entstehung des Jiu Jitsu:

Wie in vielen der asiatischen Kampfkünste ist die genaue Herkunft des Jiu Jitsu heute kaum mehr eindeutig feststellbar. Aller Wahrscheinlichkeit nach, sind die Wurzeln in Indien zu suchen. Innerhalb der in Indien beheimateten Massagekunst entwickelte sich schon sehr früh ein umfangreiches Wissen bezgl. schmerzverursachenden Griffen. Vermutlich fand diese Kenntnis ihren Weg von Indien nach China. Dort wurden die Techniken von Angehörigen religiöser Kreise weiterentwickelt. Die Kenntnis um diese schmerzempfindlichen Punkte wurde vermutlich um 1600 nach Japan „exportiert“.

Samurai (1860)

In einem der Entstehungsmythen wird die Axime des Jiu Jitsu „Nachgeben, um zu siegen“ besonders deutlich. Es wird berichtet, dass Akiyama Shirobei Yoshitoki (japanischer Arzt des 16. Jahrhunderts aus Nagasaki) auf einer Reise durch China neben medizinischen Kenntnissen auch Unterricht in der waffenlosen Verteidigung erhielt. Dabei stellte er die körperliche Stärke als Voraussetzung zur Ausführung der Techniken fest. Zurück in der japanischen Heimat, unterrichtete Akiyama das in China erlernte Hakuda, jedoch lehnten viele seiner Schüler dieses kraftbetonten Verteidigungssystem ab. Eines Winters beobachtete Akiyama, wie die massiven, jedoch starren Äste einer Tanne unter der Last der Schneemassen brachen, während sich die dünnen Äste einer Weide unter der Last des Schnees so lange herunterbogen, bis der Schnee abglitt, um dann unversehrt in die Ausgangslage zurückzuschwingen. Angetrieben von dieser Beobachtung, gründete er die erste Schule der „Kunst der Nachgiebigkeit“ und nannte sie Yoshin-Ryū (Weiden-Schule). Der eigentliche Begriff ”Jiu Jitsu” entstand erst im 18. Jahrhundert. Das Jiu Jitsu trug früher verschiedene andere Namen. Am gebräuchlichsten waren Jiu Jitsu und Yawara, jedoch wurden auch die Namen Tai Jutsu, Kempō , Hakuda, Aiki Jutsu, Kogusoku, Koshi no Mawari, Kumi Uchi, Torite oder Shubaku für diese Kampfkunst verwendet.

Jiu Jitsu Unterricht (August 1924)

Die Geschichte des Jiu Jitsu in Deutschland ist zum einen eng mit dem Namen Erich Rahn (1885–1973), zum anderen eng mit der Geschichte des Kōdōkan-Jūdō verbunden. Rahn eröffnete 1906 im Alter von 21 Jahren in einem Hinterzimmer einer Kneipe in Berlin-Mitte die erste deutsche Jiu Jitsu-Schule. Durch Vorführungen und Kämpfe wurde die Polizei auf ihn aufmerksam und am 30. Juni 1910 führte Rahn im Königlichen Polizeipräsidium das Jiu Jitsu vor.

Daraufhin wurde ihm die Durchführung der neu angeordneten Jiu Jitsu-Ausbildung der Berliner Kriminalpolizei und später auch der Schutzpolizei übertragen. 1913 folgte der Lehrauftrag für Jiu Jitsu an der Militärturnanstalt Berlin. Obwohl 1930 in Deutschland bereits 110 Jiu-Jitsu-Vereine registriert waren, ging die Tendenz nun vom Jiu Jitsu zum von Kano entwickelten Judo hin. 1933 gründete Alfred Rhode die Europäische Judo-Union (EJU), wodurch Jiu Jitsu und Judo erstmals organisatorisch voneinander getrennt wurden. Die Selbstverteidigung aus J. Kanos System behielt den Namen Jiu Jitsu, während der wettkampfsportliche Teil den Namen Judo bekam.

Aus dem Jiu Jitsu entwickelten sich im Laufe der Zeit weitere Kampfkünste:

  • Judo - Ein wurflastiger Stil des Jiu Jitsu, der Anfang des 20. Jh. entstand. Kano Jigoro entwickelte Jūdō als attraktive Kampfkunst für die moderne japanische Gesellschaft sowie als Nahkampfsystem für die Tokioter Polizei.
  • Aikido – hier stehen ausladende, runde Bewegungen und Hebeltechniken im Vordergrund. Ueshiba Morihei entwickelte es vor allem aus dem Daitō-ryū Aiki-jūjutsu.
  • Einige Karatedō-Ryū (jap. Stile) sind aus Einflüssen des Jiu Jitsu und Wǔshù entstanden und werden technisch durch Schlag-, Stoß-, Tritt- und Blocktechniken charakterisiert.
  • Deutsches Ju Jutsu ist ein junges, aus traditionellem Jiu Jitsu und vielen anderen Einflüssen zusammengesetztes System, das in Deutschland entwickelt wurde.
  • In Brasilien ist das Brasilianische Jiu Jitsu sehr verbreitet, das eine Version des Jūdō mit Fokus auf den Bodenkampf darstellt.
  • Krav Maga kombiniert Jiu Jitsu mit Boxen.
  • und andere ...



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